Verbote sind schlecht für die Seele. Aber wie ändert man erfolgreich seine Essgewohnheiten? Darüber sprachen wir mit Sachbuchautorin Doris Fritzsche.
Frau Fritzsche, wer sein Gewicht in den Griff kriegen will, sollte statt einer Crash-Diät lieber seine Ernährung umstellen. Wie lange dauert das eigentlich?
Das geht erfreulich schnell. Eine Umstellung dauert etwa 14 Tage, dann haben Sie sich schon an das neue Geschmacksmuster gewöhnt. Die meisten Leute sind überrascht, wie einfach es ist.
An welchen Stellschrauben muss ich drehen, um mich gesünder zu ernähren?
Weniger Zucker, weniger tierisches Fett, mehr Gemüse. Das sind die wichtigsten Stellschrauben. Verarbeitete Fleischwaren wie Wurst, Leberkäse und Thüringer Mett haben eine hohe Lebensmitteldichte, ersetzen Sie diese durch mageres Fleisch. Weißmehlprodukte ersetzen Sie durch Produkte mit Vollkorn.
Wie gehe ich die Umstellung an?
Das klappt am besten mit einer Beratung. Meine Patienten frage ich, was sie aktuell essen und wie ihr Lebensrhythmus ist, ob sie Schicht arbeiten oder sich um ihre Kinder kümmern. Dazu passend entwickeln wir einen Ernährungsplan. Schwierig ist es immer, wenn der Partner nicht mitzieht. „Mein Mann isst das nicht, wir kochen jetzt zweimal“ – sowas hält man auf lange Sicht nicht durch. Die Umstellung muss ein Familienkonzept werden.
Was sind die schlechten Essgewohnheiten, die so ungesund sind?
Das Daueressen mit der Schublade am Schreibtisch, aus der ich immer wieder etwas raushole. Viele kleine Snacks, über die man schnell den Überblick verliert. Gesüßte Getränke, die sind vor allem für den Stoffwechsel von Diabetikern problematisch, weil der Zucker mit der Flüssigkeit im Blut sehr schnell anflutet. Ein Problem ist auch, dass Menschen die Energiedichte der Lebensmittel falsch einschätzen. Ein belegtes Brot hat zum Beispiel nicht weniger Kalorien als eine warme Mahlzeit. Das wissen viele Leute nicht und denken, sie hätten mit dem Brot weniger gegessen.
Wie lässt sich das lösen, wenn man selbst kein Ernährungsexperte ist?
Den Energiegehalt kann man beim Einkaufen ausrechnen. Auf der Verpackung steht, wieviel Kalorien pro hundert Gramm ein Lebensmittel enthält. Teilt man den Kalorienwert durch 100, erhält man die Dichte. Wenn sie deutlich über eins liegt, dann ist sie wirklich hoch und das Produkt sollte im Laden bleiben.
Ernährungsumstellung schön und gut – ist eine zusätzliche Diät trotzdem sinnvoll, wenn ich sehr viel Gewicht abnehmen möchte?
Das ist typabhängig. Manche nutzen zum Ausstieg aus schlechten Gewohnheiten gerne etwas Drastisches wie eine Fastenwoche. Das kann zu Beginn einer Diät auch der Motivation helfen. Diabetiker sollten Diät aber grundsätzlich nur im Rahmen einer Beratung machen. Erfolgreich und gut verträglich ist für sie oft das intermittierende Fasten: 16 Stunden nichts essen, acht Stunden normal essen. So ein Fastentag geht auch mal zwischendurch, zum Beispiel am Wochenende.
Wie kann ich gesund essen, ohne auf guten Geschmack zu verzichten?
Nutzen Sie keine Fertigprodukte, die Geschmacksverstärker enthalten. Guter Geschmack kommt vom Kochen mit echten Lebensmitteln, die man selbst würzt und zubereitet. Gemüse entwickelt mehr Aromen, wenn Sie es nicht kochen, sondern in Öl andünsten. Eine Gemüsesuppe schmeckt intensiver, wenn Sie die Brühe erst nach dem Dünsten aufgießen. Das sind die Tricks der Profiköche, die kann man sich aus Kochsendungen abschauen.
Wenn es unbedingt mal etwas Süßes sein muss – darf ich das?
Ja, aber verkleinern Sie die Portion. Wenn es zum Beispiel Ihr Ritual ist, zum Tee immer drei Dominosteine zu essen, nehmen Sie nur einen und schneiden Sie ihn in drei Teile. Richten Sie ihn schön auf einem Tellerchen an und essen Sie die Stücke ganz langsam und genussvoll. So macht es einer meiner Patienten. Solche Tricks sind hilfreich, es gibt dann kein Verbot und trotzdem ein gutes Ergebnis. Verbote sind ja immer schlecht für die Seele.
Doris Fritzsche ist Dipl.-Oecotrophologin und Ernährungstherapeutin. Als Autorin hat sie mehrere Sachbücher geschrieben, auch zum Thema Ernährung bei Diabetes.
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Doris Fritzsche